

Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld hat in der heutigen Sitzung des Vorstandes der Mülheimer SPD mitgeteilt, dass sie nicht für eine dritte Amtszeit zur Verfügung steht. Der Parteivorstand nahm die persönliche Erklärung mit Respekt entgegen und dankte Dagmar Mühlenfeld für die erfolgreiche, mehr als zwölf Jahre währende Arbeit für Mülheim an der Ruhr. Zugleich sprach sich der Vorstand einmütig dafür aus, dass Parteivorsitzender Ulrich Scholten für die SPD bei der Oberbürgermeisterwahl im September ins Rennen gehen wird.
»Dagmar Mühlenfeld hat mehr als ein Jahrzehnt die Geschicke der Stadt bestimmt und dabei viele Erfolge vorzuweisen. Ihre nach reiflicher Überlegung getroffene Entscheidung, nun mehr Zeit für die Familie haben zu wollen, verdient allen Respekt. Es zeugt von ihrer Persönlichkeit, dass sie den Zeitpunkt ihres Ausscheidens aus dem Amt, das sie in Mülheim starkt geprägt hat, selbst bestimmt«, brachte der designierte Oberbürgermeisterkandidat Ulrich Scholten die Reaktionen im Parteivorstand auf den Punkt.
In ihrer persönlichen Erklärung hatte Dagmar Mühlenfeld zuvor erläutert, dass ihr der Abschied aus dem Amt zum jetzigen Zeitpunkt auch deshalb leichter fiele, da es innerhalb der SPD nun »[…] eine Person gibt, der ich die Fortsetzung meiner Arbeit im Geist sozialdemokratischer Tradition zutraue, nämlich Ulrich Scholten.« Gleichwohl liege die Entscheidung darüber selbstverständlich bei den Gremien der Partei.
Mit dem Unterbezirksvorstand hat nun das erste dieser Gremien die Kandidatur Ulrich Scholtens einmütig begrüßt.
Die vollständige Erklärung von Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld können Sie nachfolgend nachlesen. Es gilt das gesprochene Wort!
I.
Ich strebe eine dritte Amtszeit als Oberbürgermeisterin unserer Stadt nicht an.
So gerne ich dieses Amt in den letzten 12,5 Jahren ausgeübt habe, so sehr bin ich mir in den letzten Wochen und Monaten bewusst geworden, dass meine Lebensplanung nun auf Veränderung eingestellt ist. Und darauf freue ich mich.
Ich danke allen, die mich in meiner Zeit als OB begleitet haben, die mir ihr Vertrauen geschenkt haben, die mich gewählt haben und meine Arbeit für die Stadt konstruktiv beobachtet und – wo aus ihrer Sicht erforderlich auch kritisch hinterfragt haben. Sie haben mich in meinem Bemühen unterstützt, Oberbürgermeisterin für alle Mülheimer und Mülheimerinnen sein zu wollen.
Überhaupt haben die Mülheimer Bürger und Bürgerinnen es mir leicht gemacht, einerseits Oberbürgermeisterin in unserer Stadt zu sein und andererseits gleichzeitig auch aktiv hier zu leben, d.h. meine Freizeit zu verbringen und als normale Bürgerin unterwegs zu sein.
Dank an alle, die mir gerade auch dann, wenn ich nicht offiziell als Oberbürgermeisterin unterwegs war, mit ehrlicher Meinung begegnet sind und mir damit geholfen haben, geerdet zu bleiben.
Das Amt hat mir viele neue Kenntnisse, Erfahrungen und Begegnungen ermöglicht. Ich habe viele großartige Menschen getroffen, sowohl in unserer Stadt als auch außerhalb. Und ich bin über Parteigrenzen hinweg mit neuen Freundschaften beschenkt worden.
Nach 12,5 Jahren in diesem wunderbaren Amt habe ich nun aber Lust auf ein anderes Leben, ein Leben ohne Oberbürgermeister-Amt.
Ich habe mir die Entscheidung zum Rückzug aus dem Amt nicht leicht gemacht, ich habe sie sehr gründlich abgewogen. Meine Familie hat mir seit mehr als 20 Jahren den Rücken gestärkt und in weiten Teilen frei gehalten, um leitende Funktionen im Beruf und Ehrenamt anzustreben und erfolgreich auszuüben.
Jetzt sehe ich die Zeit gekommen, mich ein Stück dafür zu revanchieren, also selbst meiner Familie aktiv Zeit zur Verfügung zu stellen. Gründe und Anlässe dafür gibt es genug: meinen Enkel, meine kürzlich verwitwete Mutter und natürlich meinen Mann und unsere Freunde.
II.
Der Blick auf die zurückliegenden Amtsjahre seit 2003 ist für mich bestimmt von Dankbarkeit und Zufriedenheit. Ich hoffe, dass es mir gelungen ist, dem seinerzeit noch jungen Amt der hauptamtlichen und direkt gewählten Oberbürgermeisterin Profil gegeben zu haben, doch darüber müssen letztlich anderen befinden.
Aber noch viel wichtiger war für mich die Frage, was 2003 war und was heute ist. Und da stelle ich fest, dass Vieles sich positiv verändert hat.
Als ich mein Amt antrat, sah ich beim Blick aus meinem damaligen Arbeitszimmer unter mir eine vierspurige, stark befahrene Straße und die traurigen Reste einer kleinen, verwahrlosten Grünanlage, die vom Großteil der Mülheimerinnen und Mülheimern gemieden wurde.
Heute sehe ich auf ein neues Stück Mülheim, an dem die Menschen endlich erleben und genießen können, was unsere Stadt ausmacht, nämlich den Fluss in ihrer Mitte. Ich sehe Fußgänger, Radfahrer, Gastronomiebesucher, Junge, Alte, Kinder, sehe zu allen Tageszeiten Menschen, die ihre Stadt an diesem neu gestalteten Ort erleben und genießen. Und ich schaue heute aus einem Rathaus, das die Mülheimer zwar immer schon geliebt haben, auf das sie jetzt aber wieder stolz sein können, weil es als ein wichtiges Wahrzeichen der Stadt erhalten und sehr schön hergerichtet wurde.
Neue Orte, um ihre Stadt neu erleben zu können, davon haben die Mülheimer und Mülheimerinnen übrigens etliche bekommen: Im neuen Medienhaus kann man viel mehr als Bücher ausleihen, es ist ein Ort zum Musik Hören oder um Vorträgen zu lauschen oder in Ausstellungen Kreatives zu bewundern. Gleiches gilt für die Camera Obscura, als neuem weltweit ausstrahlendem Museum zur Vor- und Frühgeschichte des Films.
Als ich Dank des Votums der Mülheimerinnen und Mülheimer meinen Arbeitsplatz von der Luisenschule ins Rathaus verlegen durfte, waren in meiner Schule viele Räume im Kellergeschoß wegen Schimmelpilzbefall nicht benutzbar, in vielen Klassenräumen die Fenster nicht zu öffnen. Die Pavillons kaum beheizbar oder nicht belüftbar. Und was ich hier schildere, galt nicht nur für die Luisenschule!
Wenn ich heute durch die Stadt fahre, sehe ich überall die Erfolge der großen Anstrengungen und der 150 Millionen Investitionen, die dafür in unseren Schulen und Kindertageseinrichtungen aufgewendet wurden. Und die Eltern wie auch alle Schulen, und Kitas wissen: es gibt einen Plan, nach dem alle drankommen, und sie wissen, dass der verlässlich finanziert ist Ich bin sehr stolz darauf, dass wir das erreicht haben.
Und ich erinnere mich noch genau, wie ich 2003 belächelt worden bin, als ich gesagt habe, Mülheim solle zu einem führenden Bildungsstandort in der Region werden. Heute sind wir Hochschulstadt, und schon sehen wir mehr junge Gesichter in der Stadt. Und das neue republikweit begehrte MPI für Chemische Energie Conversion ist nach Mülheim gekommen, nicht nach Stuttgart oder Dortmund!
Die Stadt ist für die Bürger und Bürgerinnen attraktiver, vielfältiger und lebendiger geworden. Zu erleben auch in der RWE-Halle -und das nicht nur bei der medl-Nacht der Sieger- und in der Harbecke-Halle, wenn die Mülheimer Vereine zeigen, was sie leisten können, wenn sie nur die richtigen Rahmenbedingungen bekommen. Das gilt drinnen wie draußen, denn auch die schon weit fortgeschrittene Umrüstung auf Kunstrasenplätze trägt zu diesem Mehr an Attraktivität, Erlebbarkeit und Vielfalt bei.
Auch 2003 war Wohnen in Mülheim bereits begehrt, aber seitdem ist es gelungen, weit mehr junge Familien ein Verbleiben in unserer Stadt als guten Lebensort zu ermöglichen : Weil es ein 100-Häuser-Programm gibt, aber auch, weil die Steigerung der Lebensqualität mehr ist, als viele schöne Orte in der Stadt zu haben, die allen zugänglich sind.
Dazu gehören nämlich solche Grundsatzentscheidungen wie die Vorfahrt für Bildung in jeglicher Form. Und dazu gehört das U-25-Haus: Jugendarbeitslosigkeit um 1 Prozent in Mülheim, in NRW im Schnitt um 5 Prozent. Das ist auch eine wichtige Voraussetzung für die wirtschaftliche Stärke unserer Stadt. Immerhin haben sich hier neue und innovative Unternehmen angesiedelt, andere ihre Internationalen Konzernzentralen errichtet oder wollen hier wachsen.
Beim Blick zurück sehe ich, dass nicht Alles, was heute offensichtlich als Erfolg zu bewerten ist, ohne Widersprüche und Widerstände zustande gekommen ist. Aber genau das ist Demokratie und davon lebt sie: Vom Ringen um die beste Lösung.
Nun glaube aber bitte niemand, ich würde mir jetzt bis zu meinem letzten Arbeitstag am 20. Oktober eine schöne und ruhige Zeit machen. oder mich gar schlafen legen!
Das habe ich beileibe nicht vor. Im Gegenteil, ich werde kein Quäntchen weniger Einsatz und Arbeit in meinem Amt aufwenden als in allen vorausgegangenen Jahren.
Denn natürlich wird auch 2015 ein wichtiges Jahr für unsere Stadt, und es bleibt weiterhin noch viel zu tun. Auf meinem Schreibtisch liegt neben dem Tagesgeschäft, das sowieso weitergehen wird, noch Unerledigtes, um das ich mich mit Nachdruck kümmern werde.
III.
Ja, die Entscheidung war schwer, und auch die Vorstellung, nicht mehr Oberbürgermeisterin zu sein, fühlt sich noch fremd an.
Aber beides fällt mir inzwischen leichter, weil es jetzt eine Person gibt, der ich die Fortsetzung meiner Arbeit im Geist sozialdemokratischer Tradition zutraue, nämlich Ulrich Scholten.
Wenn ich meine Entscheidung dem Parteivorstand bekannt gegeben habe, werden darüber natürlich die Gremien zu entscheiden haben.
Ich bin sehr sicher, dass die SPD in Mülheim mit Ulrich Scholten als OB-Kandidat den Wahlkampf erfolgreich bestehen, und er mir im OB-Amt nachfolgen wird.