
Vertrag von Lissabon
Am Donnerstag hat der Deutsche Bundestag in 2. Lesung den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zum Vertrag von Lissabon (Drs. 16/8300, 16/8917) beschlossen.
Mit dem Gesetz werden die neuen vertraglichen Grundlagen der Europäischen Union (EU) ratifiziert. Der am 13. Dezember 2007 von den Staats- und Regierungschefs in Lissabon unter-zeichnete Vertrag ist formal, wie seine Vorgänger von Maastricht, Amsterdam und Nizza, ein Änderungsvertrag. Mit ihm werden mit wesentlichen Neuerungen des nach zwei ablehnenden Referenden blockierten Verfassungsvertrages in das bestehende Vertragssystem überführt.
Demokratische Legitimität gestärkt
Das Mitentscheidungsverfahren wird zum ordentlichen Gesetzgebungsverfahren und findet zukünftig grundsätzlich Anwendung. Damit wird das Europäische Parlament (EP) zum vollwertigen Gesetzgeber – gemeinsam mit dem Ministerrat, in dem die Vertreter der mitgliedstaatlichen Regierungen zusammenkommen. Bei Europäischen Rechtsetzungsakten wird damit regelmäßig die Zustimmung des EP erforderlich. Es kann zudem künftig über alle Ausgabenbereiche mitentscheiden. Zusammen mit dem Rat der EU wird es gleichberechtigt am EU-Haushaltsverfahren beteiligt. Erstmalig werden europäische Bürgerbegehren möglich. Dadurch wird die direkte Demokratie in der EU gestärkt. Ein Anliegen für das sich die SPD schon seit vielen Jahren stark macht.
Größere Handlungsfähigkeit
Im Ministerrat der EU wird mit dem Vertrag von Lissabon die qualifizierte Mehrheit zur Regel für Entscheidungen. Als qualifizierte Mehrheit gilt ab 2014 die sog. doppelte Mehrheit. Ab dann müssen 55 Prozent der Mitgliedstaaten, die gleichzeitig mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung vertreten, EU-Rechtsetzungsakten zustimmen. Blockaden werden somit seltener, die EU kann effizient handeln. Entscheidungen in sensiblen Bereichen wie Steuern und soziale Sicherheit müssen weiterhin einstimmig getroffen werden.
Betonung der Sozialen Dimension
Als zentrale Ziele der EU betont der Vertrag von Lissabon die soziale Marktwirtschaft, die auf Vollbeschäftigung und sozialen Fortschritt abzielt. Mit einer besseren Zuordnung, was Ziele (wie etwa der soziale Fortschritt) und was Instrumente sind (z. B. der Wettbewerb), ist klargestellt, wonach die Union strebt und welche Mittel sie einsetzen kann, sofern sie diesen Zielen dienen. Wettbewerb kann also nie Selbstzweck sein.
Gemeinsame Außen-und Sicherheitspolitik
Die Gemeinsame Außen-, Sicherheitspolitik (GASP) bleibt auch mit dem Vertrag von Lissabon in Form der mitgliedstaatlichen Zusammenarbeit organisiert. Es bleibt bei der Einstimmigkeit im Rat, die Kommission spielt nur eine untergeordnete Rolle. Die Mitgliedstaaten verpflichten sich dazu, noch stärker auf europäischer Ebene zu kooperieren und sich miteinander abzustimmen.
Mehr Transparenz
Die Zuständigkeiten der EU werden klarer als bisher von den nationalen Zuständigkeiten abge-grenzt. Es gibt drei Kategorien von Kompetenzen: die ausschließliche, die geteilte und die un-terstützende Zuständigkeit. Die Europäische Gemeinschaft geht endgültig in der Europäischen Union auf, wodurch eine einheitliche Rechtspersönlichkeit entsteht. Zudem wird der Grundsatz der vorrangigen Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, Bundesländer und Kommunen (Subsidiarität) in den Bereichen der nicht-ausschließlichen Zuständigkeit der EU gestärkt. Mit einer Subsidiaritätsrüge können die nationalen Parlamente die Regelungskompetenz der EU zu Beginn eines Gesetzgebungsprozesses kritisch überprüfen. Die Frist dazu wird gegenüber dem Verfassungs-vertrag von sechs auf acht Wochen verlängert.
Parlament erhält direkte Mitwirkungsrechte
Der Bundestag hat auch dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 23, 45 und 93) (Drs. 16/8488, 16/8912) der Koalitionsfraktionen sowie von FDP und Grünen in 2./3. Lesung zugestimmt.
Der Vertrag von Lissabon verleiht den nationalen Parlamenten zum ersten Mal direkte Mitwir-kungsrechte gegenüber Organen der Europäischen Union. Deren Ausgestaltung macht ent-sprechende Anpassungen des Grundgesetzes erforderlich. Das gilt für Absatz 1 in Artikel 23 und Artikel 45. Künftig kann bereits ein Viertel der Mitglieder des Bundestages eine Klage des Parlaments vor dem Europäischen Gerichtshof auslösen, wenn die Abgeordneten der Meinung sind, dass die EU gegen das Subsidiaritätsprinzip verstößt. Dies wird durch die spezielle Klau-sel möglich.
Weitere bundesgesetzliche Anpassungen
Ebenso wurde vom Deutschen Bundestage der von den Koalitionsfraktionen und den Grünen eingebrachte Entwurf eines Gesetzes über die Ausweitung und Stärkung der Rechte des Bundestages und des Bundesrates in Angelegenheiten der Europäischen Union (Drs. 16/8489, 16/8919) im Parlament in 2./3. Lesung beschlossen.
Der Gesetzentwurf schafft die innerstaatliche Vorraussetzungen, so dass der Deutsche Bun-destag und der Bundesrat die ihnen im Vertrag von Lissabon zugeschriebene Mitwirkungsmög-lichkeit wahrnehmen können. Die für die Erhebung einer Subsidiaritätsklage durch den Bundes-tag vorgesehene benötigte Anzahl an Stimmen (Quorum) soll dabei an das für Normenkontroll-anträge aus der Mitte des Bundestages (gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG) sowie an das bereits für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses (gemäß Art. 44 Abs. 1 Satz 1 GG) maßgebende Quorum angepasst werden.
Zusammenarbeit zwischen EU und Andengemeinschaft gefestigt
Am Donnerstag hat der Deutsche Bundestag den Regierungsentwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 15. Dezember 2003 über Politischen Dialog und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Andengemein-schaft und ihren Mitgliedstaaten (Bolivien, Ecuador, Kolumbien, Peru und Venezuela) anderer-seits (Drs. 16/8654, 16/8908) in 2./3. Lesung beschlossen.
Mit dem Gesetzentwurf ratifiziert Deutschland das 2003 unterzeichnete Abkommen. Damit wird die schon bestehende Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und der Andenge-meinschaft nun weiter ausgebaut. Das Abkommen zielt vor allem auf den Abschluss eines As-soziierungs- einschließlich eines Freihandelsabkommens ab. Die Ratifizierung erfolgt erst jetzt, da Venezuela 2006 die Andengemeinschaft verlassen hat und sich die Parteien nicht sicher waren, wie man weiter verfahren sollte.
Als Grundsätze der Beziehungen werden die gemeinsame Verantwortung für eine ausgewoge-ne und nachhaltige Entwicklung, die Achtung der Demokratie und der Menschenrechte, das Eintreten für die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit und der verantwortlichen Staatsführung genannt.
Hauptziel des politischen Dialogs ist das Erreichen von neuen Initiativen zur Verfolgung ge-meinsamer Ziele. Diese betreffen alle Bereiche, die von gegenseitigem Interesse sind. Dazu zählen beispielsweise regionale Integration, Eindämmung der Armut und sozialer Zusammen-halt, nachhaltige Entwicklung sowie regionale Sicherheit und Stabilität. In einem dritten Teil des Abkommens wird die Zusammenarbeit zwischen der EU und der Andengemeinschaft geregelt. Diese umfasst den wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Bereich. Darunter fallen insbeson-dere die Umsetzung der politischen und sozialen Stabilität durch Demokratie und die Eindäm-mung von Armut.
Deutlich mehr Ausbildungsplätze
Am Donnerstag hat der Deutsche Bundestag die Unterrichtung der Bundesregierung Berufsbil-dungsbericht 2008 (Drs. 16/8750) beraten.
Die Bilanz zum Ausbildungsmarkt 2007 des Berufsbildungsberichts macht deutlich, dass der Ausbildungspakt wirkt. Etwa 625.900 neue Ausbildungsverträge wurden im vergangenen Jahr geschlossen. Dies ist seit der Wiedervereinigung nach 1999 das zweite Mal, dass mehr als 600.000 Ausbildungsplätze zur Verfügung gestellt wurden.
Auf diese positive Bilanz kann die SPD-Bundestagsfraktion stolz sein, denn der seit 2004 be-stehende Ausbildungspakt geht auf eine Initiative der Sozialdemokraten zurück. Auch seine Weiterentwicklung im Jahr 2007 hat die SPD-Bundestagsfraktion voran getrieben. So hat die Wirtschaft die zugesagte Zahl neu einzuwerbender Ausbildungsplätze auf 60.000 pro Jahr ver-doppelt. Zusätzlich stellen die Unternehmen 40.000 Plätze für Einstiegsqualifizierungen zur Verfügung und es werden 30.000 neue Ausbildungsbetriebe gewonnen. Außerdem ist der Bun-desverband der Freien Berufe Partner des Paktes geworden.
Bonus für Einstellung von Altbewerbern
Doch der Berufsbildungsbericht stellt auch fest, dass über 385.000 junge Menschen länger als ein Jahr nach einem Ausbildungsplatz suchen. Um diesen sogenannten Altbewerberinnen und Altbewerbern den Einstieg in das Berufsleben zu ermöglichen, hat Bundesarbeitsminister Olaf Scholz den Ausbildungsbonus auf den Weg gebracht. Er soll rund 100.000 förderungsbedürfti-gen jungen Menschen zu gute kommen, die ohne zusätzliche Unterstützung keine Chance haben, einen Ausbildungsplatz zu finden. Zusätzlich wird es eine Berufseinstiegsbegleitung für Altbewerberinnen und Altbewerber geben.
Trotz aller positiven Signale ist sich die SPD-Bundestagsfraktion der Probleme auf dem Ausbil-dungsmarkt bewusst. Für sie ist es weiterhin eine zentrale Aufgabe, daran zu arbeiten, dass alle jungen Menschen den Weg in die Berufsausbildung finden.
Drogen in Entwicklungsländern bekämpfen
Am 24. April hat der Bundestag den Antrag der Fraktionen von CDU/CSU und SPD Nationale und internationale Maßnahmen für einen verbesserten Kampf gegen Drogenhandel und -anbau in Entwicklungsländern (Drs. 16/8776) beraten.
Die Koalitionsfraktionen sehen trotz vorhandener Erfolge, die im Weltdrogenbericht 2007 der Vereinten Nationen dokumentiert werden, weiteren Handlungsbedarf bei der Bekämpfung von Drogenhandel und -anbau in Entwicklungsländern. Vor allem auch, weil die betroffenen Länder immer stärker zu Drogenkonsumländern werden und daraus für sie neue Belastungen enste-hen. Der Antrag fordert eine ganzheitliche Strategie und Vernetzung von nationalen und inter-nationalen Schritten für einen verbesserten Kampf gegen die Drogenkriminalität. Die Bundesre-gierung soll dieses Thema bei politischen Verhandlungen immer berücksichtigen. Betroffene Anbauländer sollen verpflichtet werden, alle Anstrengungen im Rahmen guter Regierungsfüh-rung zur Eindämmung des Drogenanbaus, des Drogenhandels und der Drogenverarbeitung umzusetzen. Bei der Wirtschaftsförderung sollen die Bauern in den Anbaugebieten Chancen erhalten, alternative und marktfähige Produkte herzustellen. Am Verbot des Drogenanbaus dürfe nicht gerüttelt werden. Die Vernichtung von Drogenanbauflächen solle dennoch ein besonderer Fokus liegt auf Afghanistan – nur als Ausnahme und flankierende Maßnahme ge-nutzt werden. Die Bundesregierung müsse die langfristige Umsetzung von Konzepten zum allmählichen Ausstieg der Produzenten aus dem Anbau fördern. Wenn die Menschen Perspek-tiven sehen und nutzen, ihren Lebensunterhalt auch ohne den Anbau von Drogen zu bestreiten, könnten sie sich für einen Verzicht auf ihr illegales Handeln entscheiden, heißt es im Antrag. Weiter fordern die Fraktionen, Deutschland solle sich für eine engere Zusammenarbeit der EU mit Drittstaaten und Regionen einsetzen. Auch auf der UN-Ebene müsse der entwicklungspoliti-sche Ansatz der Drogenkontrolle stärker beachtet werden.
Verbesserung beim Kinderzuschlag
Am 24. April hat der Bundestag in 1. Lesung den Gesetzentwurf der Koalitionen zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes (Drs. 16/8867) beraten.
Der Kinderzuschlag richtet sich seit 1. Januar 2005 an erwerbstätige Eltern, die mit ihrem Ein-kommen ihren eigenen Lebensunterhalt decken können, nicht aber den ihrer Kinder. Sie müs-sen ihr Erwerbseinkommen mit Leistungen der Grundsicherung nach SGB II (ALG II) aufsto-cken, weil sie mit diesem zuzüglich Kindergeld unter den Regelsätzen der Grundsicherung liegen. Der Kinderzuschlag soll die Aufstockung nach SGB II verhindern. Er beträgt bis 140 Euro pro Monat und Kind. Nach den bisherigen Regelungen wurde die Grenze, ab der der Kin-derzuschlag gewährt wurde, individuell errechnet. Dies führte zu einem erhöhten Verwaltungs-aufwand und einer Vielzahl von Ablehnungen. Deswegen wurde auf Initiative der SPD im Koali-tionsvertrag vereinbart, den Kinderzuschlag weiter zu entwickeln, um künftig mehr Kinder und Familien aus dem Bezug von ALG II herauszuholen.
Der Gesetzentwurf sieht einheitlich festgelegte Mindesteinkommensgrenzen für Eltern, die Anspruch auf einen Kinderzuschlag haben, vor. Dies sind 600 Euro für Alleinerziehende und 900 Euro für Paare. Das Gesetz soll zum 1. Oktober diesen Jahres in Kraft treten. Dadurch werden ab 2009 106.000 Familien mit 250.000 Kindern anstatt den bislang 36.000 Familien mit 100.000 Kindern erreicht. Zudem wurde das Antragsverfahren vereinfacht. Ferner wird ein stär-kerer Anreiz für Eltern gegeben, das Einkommen durch eigene Leistung zu steigern, indem künftig von jedem verdienten Euro nur noch 50 Cent anstatt wie bisher 70 Cent auf den Kinder-zuschlag angerechnet werden.
Weitere Verbesserungen für Familien mit geringen Einkünften ergeben sich aus der Novellie-rung des Wohngeldrechts (siehe Seite 11).
Riester-Förderung jetzt auch beim Eigenheim
Am 25. April wurde in 1. Lesung das Gesetz zur verbesserten Einbeziehung der selbstgenutz-ten Wohnimmobilie in die geförderte Altersvorsorge, kurz Eigenheimrentengesetz (Drs. 16/8869) beraten. Es öffnet die Riester-Förderung für die Anschaffung von selbstgenutztem Wohneigentum oder den Erwerb einer selbstgenutzten Genossenschaftswohnung.
Die Riester-Rente ist bisher ein großer Erfolg. Dies zeigen die über zehn Millionen abgeschlos-senen Riester-Verträge. Durch die Einbeziehung der Wohnimmobilie oder Genossenschafts-wohnung werden die Wahlmöglichkeiten größer und die Riester-Rente noch attraktiver.
Es gibt zwei Förderansätze: Zum einen können bis zu 100 Prozent des angesparten Vermö-gens aus einem bestehenden Altersvorsorgevertrag für die Anschaffung einer selbstgenutzten Wohnimmobilie oder Genossenschaftswohnung verwendet werden. Alternativ kann das ange-sparte Altersvorsorgevermögen auch zur Entschuldung der Wohnimmobilie eingesetzt werden. Zum anderen werden Einzahlungen auf Bausparverträge oder zur Tilgung von Immobiliendarle-hen als Altersvorsorgebeiträge steuerlich gefördert.
Wie bei allen im Rahmen der Riester-Rente möglichen Vorsorgeformen sind die Altersvorsor-gebeiträge in der Ansparphase steuerfrei. Im Alter werden die Leistungen dann nachgelagert besteuert.
Die Attraktivität der Riester-Förderung lässt sich an folgendem Beispiel zeigen: Eine Familie mit zwei Kindern (ein Kind vor und ein Kind nach dem 1. Januar 2008 geboren) und einem Famili-eneinkommen von 50.000 Euro im Jahr nimmt ein Darlehen über insgesamt 40.000 Euro zur Finanzierung seiner Immobilie auf. Nach einer Laufzeit von 20 Jahren hat die Familie die Til-gung in Höhe von 24.140 Euro selbst gezahlt und 15.860 Euro in Form der staatlichen Riester-Zulagen erbracht.
Meinungs- und Pressefreiheit umsetzen
Der Bundestag hat in dieser Woche den Antrag der Koalitionsfraktionen Das Recht auf Mei-nungs- und Pressefreiheit weltweit durchsetzen und der Internet-Zensur entgegentreten (Drs. 16/8871) erstmalig beraten.
Ziel der Fraktionen von SPD und CDU/CSU ist, dass das in mehreren internationalen Abkom-men verankerte Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit auch in der Praxis konsequent beach-tet bzw. angemahnt werden muss. Die Koalitionsfraktionen wollen an dieses wesentliche Ele-ment einer demokratischen Gesellschaftsordnung im Rahmen des internationalen Tags der Pressefreiheit am 3. Mai erinnern.
In vielen Staaten wird das Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit nicht eingehalten oder auch aus kulturellen und religiösen Gründen eingeschränkt. Mutige Journalistinnen und Journalisten, die auf ihrem Recht auf unabhängige Berichterstattung und Recherche bestehen, leben mit einem hohen Risiko. Im Jahr 2007 wurden 100 Journalistinnen und Journalisten weltweit getö-tet. Die zunächst mit dem Internet verbundene Hoffnung auf freien Zugang zu Informationen hat sich in vielen Staaten nicht erfüllt, da die jeweiligen Machthaber keinen oder nur eingeschränk-ten Zugang zum Web erlauben oder Personen mit regimekritischer Internet-Korrespondenz massiv bedrohen. Ein Novum stellt die Selbstzensur einiger westlicher Anbieter von Internet-diensten dar. Diese wollen sich damit den Zugang zu lukrativen Märkten verschaffen. Es ist eine politische und menschenrechtliche Herausforderung für alle demokratischen Staaten, sich auf bilateraler und multilateraler Ebene für Meinungs-, Informations- und Medienfreiheit einzuset-zen.
Übereinkommen gegen Folter
Zur Ratifizierung eines Protokolls zu dem sogenannten Anti-Folter-Übereinkommen hat der Bundestag in dieser Woche in 1. Lesung den Gesetzentwurf zu dem Fakultativprotokoll vom 18. Dezember 2002 zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (Drs. 16/8249) beraten.
Für die Ratifikation bedarf es nach Artikel 59 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes der Zustimmung des Bundestages in Form eines Bundesgesetzes, weil sich das Fakultativprotokoll auf Gegen-stände der Bundesgesetzgebung bezieht.
Ziel des Fakultativprotokolls ist es, durch einen präventiven Ansatz weltweit den Schutz vor Folter zu verbessern. Zu diesem Zweck wird unter anderem bei den Vereinten Nationen ein Unterausschuss des Antifolterausschusses eingerichtet. Gleichzeitig werden die Unterzeichner-staaten verpflichtet, dementsprechend ebenfalls solche Präventionsmechanismen zur Verhü-tung von Folter und anderen grausamen, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlungen von Menschen einzurichten.
Entsprechend dem Europäischen Antifolterausschuss sollen dieser Ausschuss und die entspre-chenden nationalen Gremien in den Mitgliedstaaten Besuche durchführen können und das Recht bekommen, Empfehlungen abzugeben. Vorgesehen sind im nationalen Recht die Ein-richtung einer Bundesstelle zur Verhütung von Folter sowie einer Länderkommission.
Erfolgshonorare bleiben verboten
Der Bundestag hat in dieser Woche in 2./3. Lesung den Gesetzentwurf zur Neuregelung des Verbots der Vereinbarung von Erfolgshonoraren (Drs. 16/8384, 16/8916) abschließend beraten.
Durch die Gesetzesänderungen soll die Vereinbarung eines anwaltlichen Erfolgshonorars, also eine erfolgsabhängige Bezahlung, in Ausnahmefällen ermöglicht werden. An dem bislang be-stehenden grundsätzlichen Verbot einer solchen Verabredung soll aber festgehalten werden.
Das Gesetz setzt einen entsprechenden Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 12. Dezember 2006 um. Nach dem Beschluss ist das Verbot selbst verfassungsgemäß. Es ist aber insofern nicht mit dem Grundgesetz vereinbar, als es nicht in besonderen Fällen eine Aus-nahme zulässt. Eine gesetzliche Neuregelung musste bis zum 30. Juni 2008 erfolgen. Andern-falls wäre das Verbot ersatzlos entfallen.
Ein Erfolgshonorar kann daher künftig dann vereinbart werden, wenn damit besonderen Um-ständen im Einzelfall Rechnung getragen wird. Insbesondere also dann, wenn der Mandant ansonsten auf Grund seiner wirtschaftlichen Situation davon abgehalten würde, seine Rechte zu verfolgen.
Vereinbarungen über ein Erfolgshonorar müssen schriftlich erfolgen und die wesentlichen Grundlagen der Einschätzung der Erfolgsaussichten des konkreten Falles beinhalten. Entspre-chende Regelungen sieht der Gesetzentwurf auch für Steuerberater, Patentanwälte, Wirt-schaftsprüfer, Rentenberater und andere Erlaubnisinhaber nach dem Rechtsberatungsgesetz vor.
Kinder werden besser geschützt
Der Deutsche Bundestag hat nach am 24. April in 2./3. Lesung das Gesetz zur Erleichterung familiengerichtlicher Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls (Drs. 16/6815, 16/8914) verabschiedet.
Das nun beschlossene Gesetz beruht auf Empfehlungen einer Expertengruppe aus Familienge-richten, Kinder- und Jugendhilfe und Verbänden, die einer Verabredung im Koalitionsvertrag entsprechend eingesetzt worden war. Ziel ist, dass Familiengerichte und Jugendämter besser zusammenwirken und Gerichte früher, präziser und im Fall einer Gefährdung des Kindeswohls auch mit milderen Mitteln eingreifen können. Grundsätzlich sollen gefährdete Kinder durch frühzeitige Einschaltung der Familiengerichte und eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen Gerichten und Jugendämtern schneller und besser vor der Gefahr einer Verwahrlosung ge-schützt werden.
Das Grundgesetz überträgt vorrangig den Eltern das Recht und die Pflicht, für ihr Kind zu sor-gen. Es weist aber gleichzeitig dem Staat die Aufgabe zu, den Schutz des Kindes zu garantie-ren, wenn die Eltern ihrer Verantwortung nicht nachkommen und dadurch das Wohl des Kindes gefährdet ist. Vor dem Hintergrund von vielen Fällen, in denen Kinder von ihren Eltern miss-handelt oder vernachlässigt wurden, hat die Bundesregierung nun diesen Gesetzentwurf vorge-legt. Ausgangspunkt aller Überlegungen ist die Erkenntnis, dass Prävention das beste Mittel ist, um Kinder effektiv vor Gefährdungen zu schützen. Insbesondere sollen Möglichkeiten ge¬schaffen werden, frühzeitiger und stärker auf die Eltern einzuwirken, auch um diese anzuhalten, notwendige öffentliche Hilfen in Anspruch zu nehmen.
Keine Robbenerzeugnisse in Deutschland
Am 24. April hat der Deutsche Bundestag in 1. Lesung den Gesetzentwurf der Koalitionsfraktio-nen zum Verbot der Einfuhr, der Verarbeitung und des Inverkehrbringens von Robbenerzeug-nissen (Drs. 16/8868) beraten. Ziel des Entwurfes ist ein nationales Import- und Verarbeitungs-verbot sowie ein Verbot des Inverkehrbringens von Robbenerzeugnissen. Die geplanten Verbo-te sind aus Tierschutzgründen erforderlich und tragen der überwiegenden Ablehnung der grau-samen, nicht tierschutzgerechten Robbenjagd Rechnung.
Seit den 80er Jahren stößt die in kommerziellem Umfang durchgeführte Robbenjagd wegen ihrer Grausamkeit in der deutschen und europäischen Öffentlichkeit auf große Kritik. Diese richtet sich vor allem gegen einige Tötungsmethoden, die zu erheblichen Schmerzen und Lei-den der Tiere führen. Im deutschen Recht fehlt bislang eine Regelung, die sowohl die Einfuhr als auch die Verarbeitung und Vermarktung der Produkte verbietet.
Das europäische Parlament hat im September 2006 ein Erklärung angenommen, mit der die Europäische Kommission aufgefordert wird, die Ein- und Ausfuhr sowie den Handel von be-stimmten Robbenprodukten zu untersagen. Eine dazu von der Europäischen Kommission an-gekündigte Studie liegt inzwischen vor, ohne dass sich die Kommission bisher dazu geäußert hat. Da ein gesamteuropäisches Einfuhrverbot derzeit nicht realisierbar erscheint, streben wir eine nationale Regelung an. Ein fast wortgleicher Gesetzentwurf der Bundesregierung liegt momentan der EU-Kommission im Rahmen des Notifizierungsverfahrens vor. Mit der Einbrin-gung des Koalitionsentwurfes wollen wir das gesamte Verfahren beschleunigen.
TAB-Bericht "Nachwachsende Rohstoffe"
Am 24. April hat der Deutsche Bundestag den Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung zur industriellen stofflichen Nutzung nachwachsender Rohstoffe (Drs. 16/7247) beraten.
Der Bericht des Büros für Technologiefolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) gibt einen Überblick über die verschiedenen Forschungs- und Anwendungsfelder im Bereich der industriellen stofflichen Nutzung nachwachsender Rohstoffe. Damit sollen der erreichte Stand und die zukünftigen Perspektiven dokumentiert werden. Analyse und Bewertung der technischen Machbarkeit einer verstärkten stofflichen Nutzung nachwachsender Rohstoffe sind im Vergleich zur energetischen noch deutlich weniger untersucht.
Die aktuelle stoffliche Nutzung steht im Mittelpunkt des Berichts. In vergleichender Perspektive wird die energetische Nutzung nachwachsender Rohstoffe einbezogen. Zum einen soll damit eine Einordnung der stofflichen in die gesamte Nutzung vorhandener Biomasseressourcen ermöglicht werden. Andererseits werden Flächen- und Nutzungskonkurrenzen zwischen den verschiedenen Einsatzmöglichkeiten aufgezeigt. Hintergrund ist, dass sich heute bereits einge-setzte und zukünftig angedachte Mengen an nachwachsenden Rohstoffen für eine energetische Nutzung potenzialbegrenzend auswirken können. Neben der Übersicht heute bereits praktizier-ter und zukünftig angedachter Verarbeitungspfade wesentlicher Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen wird für ausgewählte Fälle eine ökologische Bewertung zur Diskussion gestellt.
Darüber hinaus werden zukünftige Bioraffinerieansätze analysiert. Es wird dargelegt, inwieweit Engpässe bei der verfügbaren Biomasse im Falle eines deutlichen Ausbaus der stofflichen wie auch der energetischen Nutzung auftreten könnten. Der Hauptfokus der Betrachtungen liegt auf Deutschland.
Dritter Bericht zum Gentechnikgesetz
Der Deutsche Bundestag hat am Donnerstag den "Dritten Bericht der Bundesregierung über Erfahrungen mit dem Gentechnikgesetz" (Drs. 16/8155) debattiert.
Seit 1992 wird die Bundesregierung in regelmäßigen Abständen aufgefordert dem Deutschen Bundestag einen Bericht vorzulegen, in dem aktuelle Entwicklungen im Zusammenhang mit dem Gentechnikgesetz und dazugehöriger Rechtsverordnungen aufgegriffen werden. Damit soll im Langzeitvergleich eine Trendanalyse möglich sein. Der nun vorliegende dritte Bericht hat den Stichtag 30. April 2007. Damit beruht er noch auf der rechtlichen Grundlage vor der Novel-lierung des Gentechnikgesetzes in diesem Jahr. In einem kurzen Abschnitt werden die aktuells-ten Entwicklungen dennoch aufgegriffen.
Der Bericht schafft einen breiten Überblick. Dazu zählen neben den gesetzlichen Regelungen auf nationaler und internationaler Ebene auch die Situation des Arbeitsmarktes oder der Stand von Freisetzung und Inverkehrbringung von gentechnisch veränderten Organismen (GVO). Ebenso wird auch die Arbeit von Gremien und Institutionen in diesem Bereich sowie die Beteili-gung der Öffentlichkeit in Form von Informationsarbeit oder Anhörungen dokumentiert. Eben-falls gelistet werden die Überwachungsmaßnahmen in Bezug auf GVO.
Mit der Novellierung des Gentechnikrechts Anfang diesen Jahres hat die Entwicklung des Gen-technikrechts einen neuen Stand erreicht. Damit hat die SPD-Bundestagsfraktion einen großen Erfolg erzielt. Die wichtigsten Punkte sind die Beibehaltung der Haftungsregelung und des flur-stückgenauen, öffentlich einsehbaren Standortregisters sowie die neue Kennzeichnungsrege-lung Ohne Gentechnik. Verbraucherinnen und Verbraucher können jetzt insbesondere bei Lebensmitteln tierischer Herkunft wie Fleisch und Milch erkennen, ob diese von Tieren stam-men, die ohne gentechnisch veränderte Pflanzen gefüttert wurden.
Leistungen beim Wohngeld verbessert
Mit dem am 25. April in 2./3. Lesung beschlossenen Regierungsentwurf zur Neuregelung des Wohngeldrechtes (Drs. 16/6543, 16/8918, 16/8923) wird das Wohngeldrecht fortentwickelt und vereinfacht. Es wurden deutlich verbesserte Leistungen beschlossen.
Das Wohngeld, das zuletzt 2001 erhöht worden ist, wird zum 1. Januar 2009 nachhaltig ausge-baut. Von den Verbesserungen, die die SPD-Bundestagsfraktion maßgeblich angestoßen hat werden über 800.000 Haushalte profitieren, davon circa 300.000 Rentenhaushalte. Wir führen eine Heizkostenpauschale in Höhe von 50 Cent pro qm Wohnfläche ein. Die Heizkosten müs-sen nicht individuell vom Antragsteller nachgewiesen werden. Sie werden automatisch nach Anzahl der zum Haushalt gehörenden Personen sowie der Wohnfläche zur Kaltmiete hinzuge-rechnet. Die Leistungen bisheriger Empfänger werden sich durchschnittlich um rund 60 Prozent verbessern. Wer heute im Durchschnitt 90 Euro monatlich erhält, wird künftig gut 140 Euro erhalten.
Das neue Gesetz regelt den Ausschluss der Transferleistungsempfänger klarer und fasst den wohngeldrechtlichen Haushaltsbegriff neu. Außerdem fallen die bisher für die Höhe des Wohn-geldes maßgeblichen vier Baualtersklassen weg. Die Rückforderung im Todesfall oder bei zu Unrecht gezahltem Wohngeld wird erleichtert und wir führen eine gesamtschuldnerische Haf-tung aller Haushaltsmitglieder ein.
Mit der Gesetzesänderung wird der Wohngeldanspruch auf eine berechtigte Person in einem Haushalt festgelegt. Sie soll dieses für die von ihr genutzte Wohnung bekommen. Dabei werden weitere Haushaltsmitglieder berücksichtigt. Wer Haushaltsmitglied ist, soll sich nun über die Zugehörigkeit zur Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft definieren – ohne Rücksicht auf ver-wandtschaftliche oder partnerschaftliche Beziehungen.
Das Wohngeld ist ein Erfolg der SPD-Bundestagfraktion. Wohnen muss Sicherheit bieten auch für bedürftige Menschen. Deshalb setzen wir mit den erreichten Verbesserung ein deutli-ches Zeichen.