MBI fordert Privatisierung!

Kaum zu glauben, aber wahr. In der Pro-und-Kontra-Reihe der WAZ machte am Montag dieser Woche ein Wirtschaftswissenschaftler aus dem politischen Dunstkreis von Lothar Reinhard den Vorschlag, die Stadt möge ihre RWE-Aktien verkaufen, um genug Geld für die Sanierung der Schulen zu erlösen.

Hintergrund – Daten und Fakten

Seit 1898 ist die Stadt Mülheim an der RWE Aktiengesellschaft beteiligt. Heute hält die Stadt 8.821.785 Aktien, das ist eine Beteiligung von 1,57%. Alle Kommunen zusammen halten insgesamt knapp über 30%, was deutlich über der Sperrminorität von 25% liegt. Ohne die Zustimmung der kommunalen Aktionäre ist also keine strategische Unternehmensentscheidung möglich.

Die Stadt Mülheim erlöste aus ihrem Aktienpaket in den letzten Jahren eine Dividende von rund 13 Millionen Euro pro Jahr.

Die Milchkuh verkaufen?

Der Verkauf der Aktien wäre aktuell in der Tat ein verlockendes Geschäft. Im Oktober 2004 stand das Papier bei 37,82 €. Heute bekäme man für eine Aktie rund 81 €. Das ist ein Vermögenszuwachs von über 200% in 3 Jahren. Beachtlich und verlockend zugleich per „Gewinnmitnahme“ mal eben einen dreistelligen Mio-Erlös zu machen.

Doch ist es sinnvoll und vernünftig, das wertvolle Tafelsilber wegen des Einmaleffekts zu verscherbeln? Ist es nicht viel sinnvoller und nachhaltiger, das Vermögen zu behalten, um es den nachfolgenden Generationen als wertvolles, gewinnbringendes Gut zu erhalten? Das ist viel vernünftiger.

Kein Mensch verkauft seine gute Kuh, die noch lange, lange Jahre gemolken werden kann, um dann seine Milch teuer im Supermarkt erstehen zu müssen.

Diesem Hang zum „schnellen Euro“, eigentlich Charakteristikum des Shareholder-Value-Kapitalismus, sollte man widerstehen. Exakt dem widersteht das MBI-Lager ganz offensichtlich nicht. Wie könnte ihr „Experte“, der ja wohl kaum zufällig zu seiner Kolumne kam, sonst eine Privatisierung des städtischen Vermögens fordern.

MBI fordert Privatisierung!!

Verkauft man Aktien aus dem Besitz der Stadt ist das Privatisierung von städtischem Eigentum. Die MBI plakatiert und agitiert mit dem Satz, man wolle Privatisierung stoppen. Die Aktien wurden seinerzeit der Stadt nicht geschenkt, sondern mit öffentlichem Geld erworben. Betrachtet man die Kursentwicklung der letzten 30 Jahre, kann mit Fug und Recht gesagt werden, dass das die wahrscheinlich einträglichste Anschaffung war, die die Stadt je machte. Und jetzt kommen die Privatisierungsgegner, die ÖPP, das prinzipielle Gegenteil von Privatisierung, als Ausverkauf der Stadt propagandistisch vermarkten, und fordern selbst, das wertvollste Tafelsilber der Stadt zu verscherbeln. Das ist die Forderung, wenn sie denn ernst gemein ist, was leider zu befürchten ist, vermeintliche Privatisierung (ÖPP) mit echter zu verhindern. Mehr Unsinn war selten.