

Mit einer Zustimmung von 52,1% liegt die SPD deutlich vor ihrem Ergebnis von vor einem Jahr und 27%-Punkte vor der anderen Volkspartei CDU, die auf 25,4% kommt. Bemerkenswert hierbei, dass die Querelen bei der Wahl zum CDU-Fraktionsvorstand hier noch nicht eingepreist sind. Die Umfrage lief vorher. Bündnis ´90/Die Grünen erhalten 10,7%, ein sehr gutes Ergebnis und ungefähr auf der Trendlinie im Bund. Deutlich unter dieser Linie bleibt in Mülheim die FDP. Wird sie bundesweit zweistellig bewertet, erhält sie in der Ruhrstadt für sie maßlos enttäuschende 3,9%. Konsterniert dürfte die MBI-Führung unter Lothar Reinhard sein. 2006 sah man sich bei knapp 17% und landete bei 7. Diesmal rutschte man noch weiter in den Keller. Auf fast bedeutungslose 2,4%. Bleibt zu erwähnen, dass die verkappten Marxisten-Leninisten von WIR auf 1,9% kommen.
Deutungsansätze
Erst einmal ist festzuhalten: Die Umfrage ist repräsentativ, die Daten sind also aussagekräftig. Das SPD-Ergebnis liegt über 20%-Punkte über den Werten, die die Partei derzeit im Bund erhält. Das ist ungewöhnlich. Langfristige Beobachtungen ergeben, dass folgende Grundformel gilt: Bundeswert plus 8 12 Prozentpunkte. Das wurde nur einmal im Jahr 1998 bei der Bundestagswahl mit plus 14 getoppt, wie überhaupt die jetzt erzielten 52,1% nach ´98 das beste Ergebnis darstellen.
Wie kann man das erklären? Wo doch die SPD die Ruhrbania-Erfinderin ist, die Oberbürgermeisterin für alles in der Stadt verantwortlich gemacht wird und das wissen alle ein Sozi ist.
SPD: Die Mülheim-Experten
Richtig ist: Die SPD wird für alles, was in dieser Stadt geschieht oder auch nicht geschieht, verantwortlich gemacht. Positiv gewendet: Von ihr erwarten die Menschen Führung. Nicht immer wird gut geheißen, was die SPD als Weg vorzeichnet. Die Mehrheit 52,1% – honoriert allerdings, dass die SPD einen Weg hat. Nicht umsonst heißt das Kommunalwahlprogramm seit drei Jahrzehnten MülheimPlan. Und das ist bei den Bürgerinnen und Bürgern ganz offensichtlich völlig unumstritten: Die SPD hat einen Plan. Also etwas, was Richtung weist, Zukunftsausschilderungen enthält, Sicherheit gibt. Um eine Zukunftslandkarte zeichnen zu können, muss man was von der Stadt verstehen. Auch da richtet sich das Zutrauen der Menschen mit deutlichster Mehrheit auf die Sozialdemokraten. Der Satz, der im Wahlkampf 2004 geprägt wurde Wir sind die Mülheim-Experten. findet durchaus Zustimmung.
Planloses Neinsagen ist kein Erfolgsmodell
Die anderen hier vor allem die CDU haben keinen Plan, so die Aussage der Umfrage. Wahlen werden über die so genannten Kompetenzvermutungen entschieden, also darüber, welcher Partei die Bürgerinnen und Bürger die Lösung der anstehenden Probleme zutrauen. Diese Regel gilt auch für Umfragen. Man traut der CDU in Mülheim kommunalpolitisch nichts zu. Geradezu vernichtend entzaubert ist die MBI, die sich im vermeintlichen Zustimmungshoch sonnt und jetzt erkennen muss, dass Neinsagen allein nicht reicht. Bündnis ´90/Die Grünen erzielen ein Ergebnis, dass Anlass zum kleinen Umtrunk in der Bahnstraße Anlass gegeben haben dürfte. Und hier wird der Unterschied zu den Populisten am deutlichsten: Die Grünen lehnen die Ruhrpromenade nicht rundweg ab, sondern wollten (und wollen) eine sozusagen ökologischere Variante der Promenade. Nicht Neinsagen wird in der Politik belohnt, sondern konstruktive Kritik. Für Lager-Fans durchaus interessant: 52,1 + 10,7 = 62,8! Satte Mehrheit.
Der Kraft-Effekt
Es gibt ihn: den Hannelore-Kraft-Effekt. Seit Hannelore Kraft am 15. Januar zur Landesvorsitzenden gewählt wurde, gibt es spürbaren Rückenwind für die SPD in Mülheim. Die Mitgliederzahlen sind auch im zweiten Quartal 2007 positiv, die Zustimmung zu Themen wie Gemeinschaftsschule und die Kritik am neuen Kindergartengesetz von CDU-Minister Laschet sind deutlich spürbar. Kraft ist Rückenwind für die SPD. Das zeigt sich in Mülheim, ihrer Heimatstadt, natürlich unmittelbar und ohne "Latenzphase". Auch im Land wird es deutlich.
Ziel: 50% plus X – Stimmungen sind keine Stimmen
Wir haben in Mülheim ein Zustimmungspotenzial von 50% plus X, so Parteichef Frank Esser beim letzten Parteitag der Mülheimer SPD. Manche schauten da kritisch, zu weit weg schien die 5 als erste Zahl. Jetzt ist sie da. Frank Esser sprach nicht von Wolkenkuckucksheimen, sondern von durchaus realistischen Zielen.
"Wir müssen hart arbeiten, um das Ziel zu erreichen", so Esser. Es erscheine zum einen nicht völlig aus der Welt, in Mülheim allein eine Mehrheit zu bekommen, allerdings seien, so der Parteivorsitzende, Stimmungen noch keine Stimmen. "Wir werden uns von diesem tollen Umfragergebnis nicht besoffen machen lassen. Die SPD liegt in Mülheim vorn. Damit das so bleibt, werden wir unsere Anstrengungen noch einmal deutlich steigern müssen."