
Kurt Beck steht seit einem Jahr an der Spitze der Bundes-SPD und seine Partei befindet sich im Umfragetief. Mit dem Mülheimer Unterbezirksvorsitzenden Frank Esser sprach WAZ-Redakteur Frank Meßing über Stimmungen und Konsequenzen.
Der Meinungsforscher Güllner macht die schlechte Kommunalpolitik für die Krise der SPD verantwortlich. Lassen Sie das auf sich sitzen?
Esser: 1994 in Mülheim und 1999 im Ruhrgebiet haben wir eindrucksvoll erlebt, dass uns die Wähler bestraft haben. Die SPD war verbraucht. Nicht überall ist es uns seither gelungen, wieder nach vorn zu kommen, wenngleich wir in einigen Städten wieder wie z.B. Gelsenkirchen und auch Mülheim wieder gewonnen haben
Gilt das auch für Mülheim?
Esser: Hier ist die SPD ein Stück weit eine andere geworden. Allerdings fehlt uns immer noch das hohe Maß Transparenz und die durchgehende Bereitschaft, die Bürger bei politischen Entscheidungen in dem Sinne mitzunehmen, wie die es offensichtlich erwarten Wir haben Wähler an Bürgerbewegungen verloren, weil sie das Gefühl haben, wir kümmerten uns nicht ausreichend um ihre Belange.
Was tun Sie dafür, um Vertrauen zurückzuholen.
Esser: Ich führe Gespräche mit anderen Gruppen, habe auch schon eine MBI-Veranstaltung besucht und will das wieder tun. Damit betritt die SPD Neuland. Wir sind im Dialog mit gesellschaftlichen Gruppen und sozialen Akteuren.
Was ist Ihr Ziel?
Esser: 1. Die SPD muss offen sein. Das heißt: Sie muss mit allen demokratischen Parteien koalitionsfähig werden.. 2. Die Leute dürfen nicht länger den falschen Eindruck haben, Politik würde die Dinge auskungeln.
Wer treibt denn die Transparenz-Offensive voran?
Esser: Kommunalpolitik ist nicht nur Aufgabe der Ratsfraktion, sondern der gesamten SPD. Deshalb haben wir z.B. für Montag zur Debatte über Grundsatzprogramm alle gesellschaftlichen Gruppen eingeladen. Am 28.04. und 05.05. bitten wir alle zur öffentlichen Sprech-Stunde zur Bildungspolitik.
Was halten Sie denn von Parteichef Kurt Beck?
Esser: Ich habe ihm vor einem Jahr nur mit Skepsis meine Stimme gegeben. Die Skepsis ist verflogen. Beck hat die Partei beruhigt und ihr eine Linie gegeben. Mitgestalten ist jetzt wieder möglich in der SPD, der Vorsitzende lässt Diskussionen zu.
Warum ist Beck noch so unbekannt?
Esser: Man muss ihm mehr Zeit geben. Auch Willy Brandt wurde nicht als bekannter Politiker geboren.