CDU/FDP-Landesregierung kürzt Mittel drastisch

Mathias Kocks
Bildungsexperte Mathias Kocks zu den geplanten Kürzungen im Weiterbildungsbereich.

In der Koalitionsvereinbarung von CDU und FDP aus dem Jahre 2005 heißt es:

»Dem Bereich der Weiterbildung kommt in Zukunft eine hohe Bedeutung zu. Wir verstehen den Bereich der Weiterbildung als vierte Säule unseres Bildungswesens.«

Und weiter:

»Wir wollen … eine verlässliche Grundförderung des Landes gewährleisten.«

Finanzen

In Zahlen bedeutet dies gegenüber dem Jahr 2000:

Im Jahr

2003 5 Prozent
2004 15 Prozent
2005 15 Prozent
2006 20 Prozent
2007 38 Prozent.

Der Entwurf für den Landeshaushalt 2007 sieht eine weitere Kürzung um 18 Prozent vor. Dieser Entwurf wurde in der ersten Lesung des Landeshaushalts am 30./31. August im Landtag eingebracht. Von rd. 120 Mio. EUR im Jahr 2002 blieben nach der Kürzung um 38 Prozent noch 78 Mio. EUR. Im genannten Zeitraum hätten die Weiterbildungseinrichtungen über 110 Mio. EUR an Landesförderung verloren. Dies bedeutet eine erhebliche Reduzierung der Seminarangebote für ArbeitnehmerInnen.

Statt öffentlich verantworteter Weiterbildung findet der Rückzug des Staates statt; die Tendenz zur Privatisierung der Weiterbildung wird verstärkt.

Herausforderungen

Angesichts der strukturellen Umbrüche in Nordrhein-Westfalen, des wachsenden Weiterbildungs- und Qualifizierungsbedarfs in Betrieben und auf dem Arbeitsmarkt bedarf es nicht eines Weniger, sondern eines Mehr an Weiterbildung.

Orientierungslosigkeit, soziale Unsicherheit und Ängste angesichts einer globalisierten Welt brauchen Foren der Verständigung. Politische Bildung vermag einen eigenständigen Beitrag zu leisten. Sie ist Ort der kollektiven Aufarbeitung von gesellschaftlichen Erfahrungen und bietet ein Forum für Orientierung und Erarbeitung von gesellschaftlichen Leitlinien. Was NRW dringend braucht, ist ein Konzept zum »lebensbegleitenden Lernen«. Die Modernisierung dieser Gesellschaft und der Arbeitswelt ist ohne geförderte politische Bildung nicht denkbar. Nur informierte und engagierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können diesen Prozess gestalten.

Auswirkungen für ArbeitnehmerInnen

Die Kürzungen sind gemessen an diesen Forderungen kontraproduktiv. Jede weitere Kürzung reduziert das Recht der Bürgerinnen und Bürger auf Weiterbildung. Dies wird geplant, obwohl ein breiter Konsens besteht, dass dem lebenslangen Lernen eine wachsende Bedeutung zukommt. Die Angebote für ArbeitnehmerInnen werden reduziert. Erhöhte Teilnehmerbeiträge in den Weiterbildungseinrichtungen sind an ihre Grenzen gestoßen. Es wächst die Zahl der potenziellen TeilnehmerInnen, die höhere Beiträge nicht mehr leisten können. Dies gilt vor allem für Arbeitslose, für Migrantinnen und Migranten sowie sozial Benachteiligte. Die Folge für die Weiterbildungseinrichtungen ist: Reduzierung des Angebots und Personals.

Was bisher geschah

Am 30./31. August wurde der Kürzungsvorschlag von 18 Prozent bei der Weiterbildung im Rahmen des Landeshaushalts in den Landtag eingebracht. Dem vorausgegangen war bereits eine Verbändeanhörung zu diesem Vorhaben während der Sommerferien in Nordrhein-Westfalen.

Alle Verbände haben sich eindeutig gegen Kürzungen ausgesprochen.

Statt institutioneller Förderung – Projektförderung?

Erörtert wird, ob statt der gekürzten Mittel für die institutionelle Förderung durch das Weiterbildungsgesetz NRW Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) den Weiterbildungseinrichtungen zur Verfügung gestellt werden. Institutionelle Förderung nach dem Weiterbildungsgesetz NRW kann jedoch durch ESF-Mittel nicht kompensiert werden, da diese Mittel

– projektbezogen sind
– zeitlich befristet sind
– einer inhaltlichen Zweckbindung unterliegen (in NRW: Förderung der Beschäftigungsfähigkeit)
– eine Eigenbeteiligung der Einrichtungen in Höhe von 50 Prozent voraussetzen
– förderfähige Projekte nicht für 560 anerkannte Weiterbildungseinrichtungen so konzipiert werden können, dass das durch die Kürzung der Förderung nach dem Weiterbildungsgesetz entstehende Defizit aufgefangen werden kann.

Mit Projektmitteln aus dem Europäischen Sozialfonds lässt sich die Struktur des Weiterbildungssystems NRW nicht aufrechterhalten.

NRW hat bis heute das beste Weiterbildungssystem aller Bundesländer. Darauf konnten wir stolz sein. Die CDU/FDP-Regierung ist dabei diese Struktur komplett zu zerstören. Das ist ein weiterer Schritt, die Bildungslandschaft im Lande kaputt zu machen.