Wohnen ist keine Ware wie jede andere. Auf der Internetseite bekennt sich das Unternehmen zu dieser Erkenntnis. Nicht von ungefähr bedeutet das Wort "Wohnen" ursprünglich behagen, zufrieden sein. So heißt es dort. Und weiter: Alles im Sinne einer guten Nachbarschaft. So das Motto. Schöne Worte, hohle Worte. Wenn es einen Ort gibt, wo die beschworene gute Nachbarschaft ihr Zuhause hat, dann ist es die Heimaterde.
Die SPD fordert
Wir fordern von der Gesellschaft: Lassen sie ihr schönes Credo Wirklichkeit sein. Stellen sie die soziale Verantwortung an die erste Stelle und nicht den Gewinn. Geben sie den Mietern Bestandsschutz.
Die SPD-Fraktion wird den Antrag stellen, dass die Stadtspitze mit Immeo seriöse Verhandlungen aufnimmt. Nichtsbewegende und wenig zielführende Bürgerversammlungen sind zum jetzigen Zeitpunkt nicht hilfreich.
Die Lage war absehbar – Man wollte sie nicht sehen.
Eines muss auch gesagt werden: Die jetzt eventuell eintretende ernste Lage war durchaus absehbar. Die Hiobsbotschaften kommen nicht aus heiterem Himmel. Wer in völliger Verkennung der Wirklichkeit maximalistische Forderung Heimaterde gleich Gesamtdenkmal auf die Fahnen schreibt und damit einem Eigentümer jedwede Renditeoption verweigert, verengt für jedes Immobilienunternehmen die Handlungsoptionen auf eine einzige: Privatisierung.
Hiob hat im Falle Heimaterde konkrete Namen: Prof Günter, Lothar Reinhard, Dietmar Berg (Sprecher der Initiative) und auch Hubert Niehoff (Bündnis´90/Die Grünen). Sie alle haben den Bewohnern der Heimaterde glauben gemacht, mit der Denkmalbereichssatzung sei die Heimaterde gerettet. Sie haben emotionalisiert, polemisiert, ThyssenKrupp als Heuschrecken diffamiert. Heute heißt es, ThyssenKrupp hatte ja noch eine soziale Verantwortung.
Die Hintergründe
Keiner weiß, ob die Immeo weniger heuschreckenhaft vorgegangen wäre, hätte man ihr die Option auf moderate Bebauung in der Heimaterde eingeräumt. Sicher ist aber: Man hat der Gesellschaft durch Maximalisierung der Forderungen die Privatisierung als einzige Option gelassen. Es steht zu befürchten, dass die selbsternannten Freizeit-Robin-Hoods, die sich in der Heimaterde als Helden feiern ließen, nicht bereit sein werden, ihre Fehler einzugestehen.
Hat nicht auch die SPD in Mülheim sich gegen Innenraumbebauung ausgesprochen? Hat sie. Doch es waren immer noch andere Aspekte dabei. Die SPD hat immer gesagt, dass punktuelle Straßenrandbebauung möglich sein muss. Auch der Vorschlag der Siedlergemeinschaft am Rand der Heimaterde ein Projekt altengerechtes Wohnen zu realisieren, hat die SPD in Mülheim stets befürwortet. Der Wortlaut aller Erklärungen war stets, es dürfe nichts geschehen, was den Charakter der Heimaterde prinzipiell in Frage stellt. "Prinzipiell" – mit diesem Wort, das alle Emotionlisierten und von MBI und Bündnisgrünen auf die (Widerstands-)Bäume Getriebenen natürlich nicht hörten, mit diesem Wörtchen sollte die Kompromissbrücke zwischen Eigentümer, Politik und den Interessen der Heimaterdlern gebaut werden. Gespräche mit ThyssenKrupp-Immobilien wurden geführt, nicht auf offenem Markte, gleichwohl intensiv und mit Nachdruck. Als die Gespräche geführt wurden, war allerdings die Entscheidung der ThyssenKrupp Holding bereits gefallen, die gesamte Immobiliensparte komplett zu verkaufen.
Die Scharfmacher und Maximalisten haben durch ihr unreflektiertes Handeln seinerzeit einen Zug in Gang gesetzt, der zwischenzeitlich soviel Fahrt bekam, dass er nicht zu stoppen war. Dagmar Mühlenfeld wurde als Oberbürgermeisterin verbal niedergeprügelt, als sie bei einer Stadtkanzleiveranstaltung äußerst vorsichtig auch nur vom Gedanken einer eventuell notwendigen Innenraumbebauung sprach.
Die Wahrheit wollte keiner mehr hören, sie war längst auf der Strecke geblieben, untergepflügt vom parteipolitisch interessierten Fundamentalantikapitalismus eines Professor Günter sowie den Protagonisten der MBI und auch der Bündnisgrünen. Da wurde viel Antiheuschreckenschaum geschlagen, auf Deubel komm raus. Da mögen sich einige Personen in ihrer Retterrolle verdammt gut gefühlt haben. Es war der wohl auch sehr persönliche Kampf um die scheinbar "adelnde" Lizenz zum wahren Widerstand.
Der Schaum hat sich längst in Luft aufgelöst. Die "Helden" von einst bleiben in der Deckung oder sie fordern – wie aktuell Bündnis ´90/Die Grünen – die Fürsorgepflicht der Stadt ein. Alle Hebel sollten nun in Bewegung gesetzt werden, um den Ausverkauf der Heimaterde zu stoppen. Welche Scheinheiligkeit, welche Realitätsverleugnung! Man selbst hat dafür gesorgt, dass die Hebel, die es einmal gab, nicht bedient werden konnten – oder doch nur um den Preis der öffentlichen politischen Hinrichtung. Da schaukelte man sich mit dem politischen Konkurrenten auf der lokalen Ebene, der MBI, zu immer neuen, noch pointierteren Forderungen hoch, hing an den Lippen Professor Günters, dieses selbsternannten Politgurus mit vermeintlicher Retterlizenz, der in Wahrheit außer wohlformulierter Barrikadenkampflyrik nichts zu bieten hatte – und hat. Wo bleiben die Ratschläge des Professors jetzt? Wer anderer Meinung war, galt als Verräter, als Wegbereiter der Heuschrecken.
Für die Radikalisten stand über dies fest: Wir sind im Besitz der Wahrheit in letzter Instanz. Bei solcherart Immunität gegen rationale Argumentation geriet jeder Einwand, jeder Hinweis auf die ja auch berechtigten Interessen des Eigners der Immobilien fast unvermeidlich zum politischen Harakiri.
Und jetzt?
Jetzt haben wir den Salat, sagt man salopp. Und keiner will´s gewesen sein. Die Heimaterde steht zum Ausverkauf. Da hält man besser erst mal die Klappe und sorgt dafür, dass die bösen Sozis am Pranger stehen. Scheint irgendwie schon gelungen, liest man die Lokalpresse von heute (14.12.05/NRZ). Da verfährt man auch nach dem ebenso oberflächlichen wie intellektuell schlichten Schema: Wenn was schief läuft in der Stadt, sind´s die Sozis gewesen. Hat man sich seinerzeit, in der Hochzeit des "Kampfes um die Heimaterde", nicht auch verbalradikal auf die Seite der Maximalisten geschlagen? Doch wer hebt schon so lange eine Tageszeitung auf.
Was noch getan werden kann.
Leider nicht mehr viel. Es werden Gespräche mit der Immeo geführt werden müssen. Und es muss auch ausgelotet werden, ob die Gesellschaft vom Privatisierungsausverkauf eventuell Abstand nehmen kann, wenn ihr in der Heimaterde selbst Verwertungsoptionen angeboten werden. Ob´s gelingt, ist fraglich. Man muss es zumindest versuchen. Die SPD duckt sich nicht weg, schlägt sich nicht in Büsche.