
Zielgruppe des Projekts am Oberhausener Gymnasium waren Schüler der 6. Klasse. In der Projektbeschreibung heißt es: Das Unterrichtsprojekt verband die Fächer Biologie, Englisch und Latein in außergewöhnlicher Weise miteinander, welches auch Aspekte des Faches Erdkunde berücksichtigte. Die Kombination des naturwissenschaftlichen Faches Biologie mit der modernen Fremdsprache Englisch und der Altsprache Latein bot die Möglichkeit, auch Fragen von gesellschaftlicher Relevanz an konkreten Inhalten mit originalsprachlichen Materialien den Schülerinnen und Schülern nahe zu bringen."
Ein durchaus intelligentes und, gemessen am deutschen Frontalunterricht-Standard, innovatives Projekt. Unterrichtsort war nicht nur das Klassenzimmer, sondern z.B. auch der Zoo, die wirkliche Welt also. Interdiziplinär sollte und wurde gelernt. Der Unterricht war hochgradig individualisiert. Das Lerntempo bestimmten die Schüler selbst. Selbständiges Lernen ist der Fachbegriff. Zur Lernkontrolle diente ein Ordner, der für alle zugänglich, zur Selbstüberprüfung diente. Alle Schüler waren hochmotiviert bei der Sache. Beim Wettbewerb des Deutschen Philologenverbandes wurde jetzt das Projekt mit einen Sonderpreis bedacht.
Fasst man die Leitideen des Projekts allgemein zusammen, so lauten diese: selbständiges Lernen, Interdisziplinarität, Erfolgskontrolle durch individuelle Selbstüberprüfung. Was in Deutschland Innovationspreise gewinnt, ist anderswo alltäglicher Standard in Schweden, in Finnland, beides Länder, die bei allen PISA-Tests an der Spitze liegen. Doch nicht nur im hohen Norden Europas hat das Oberhausener Modellprojekt keinen Besonderheitscharakter. Die Bielefelder Laborschule arbeitet seit 30 Jahren so nachweislich PISA-erfolgreich auf Finnland-Niveau.
Selbständiges Lernen macht individuelle Lerntempi möglich, die beim Frontalunterricht niemals realisierbar sind. In einer solchen offenen Lernsituation ist es nicht von Bedeutung, dass einer schneller ist als der andere. Genau deshalb haben wir eine Schule für alle, würden finnische Pädagogen sagen.
In Oberhausen wurden Fächer miteinander verbunden, die auf den ersten Blick recht disparat erscheinen: Biologie, Englisch, Latein und Erdkunde. Erfolgreich, wie das Projekt beweist. Schulministerin Sommer (CDU) konnte es noch nicht einmal ertragen, dass in den Stufen 5-7 die Fächer Biologie, Chemie und Physik zum interdisziplinären Fach Naturwissenschaften zusammengefasst werden sollten. Nach dem ebenso kleingeistigen wie kleinkariertes Motto Die sollen wieder richtig lernen! wurde das sinnvolle und aller wissenschaftsdidaktischen wie auch wissenschaftspraktischen Erkenntnis entsprechende Projekt beendet, bevor es recht begonnen hatte. So interdisziplinär wie in Oberhausen sollte das Fach Naturwissenschaften funktionieren.
Es ist ein Treppenwitz der Geschichte, dass der erzkonservative Deutsche Philologenverband ein Projekt auszeichnet, das die ebenso erzkonservative Bildungsministerin wohl niemals genehmigt hätte.
Die Moral von der Geschicht: Das Richtige setzt sich doch durch. Trotz Frau Sommer.