
Das war keine Wahl wie andere. Das Ergebnis verblüffte alle auch die Insider. Bis zum Freitag vor der Wahl lag die Union bei allen Umfrageinstituten stabil und anscheinend uneinholbar bei 42% und mehr. Und dann der Absturz.
Kaum zu erklären. Oder doch? Infratest dimap machte aus, dass 12% der Wählerinnen und Wähler sich sozusagen last minute, also am letzten Tag, einige buchstäblich erst in der Wahlkabine, entschieden haben. Und sicher ist auch: Der Last-Minute-Swing lief zugunsten der SPD und weg von der Union. Die Umfrageauguren haben es also zunehmend schwerer, die Trends zu erfassen und einigermaßen treffsicher in Zahlen abzubilden. Gleichzeitig ist eine andere Entwicklung zu beobachten. Briefwahl findet immer mehr Freunde. Fast ein Drittel aller Wähler macht davon Gebrauch. Den briefwählenden Frühentscheidern steht also ein große Gruppe von Last-Minute-Wählern gegenüber, die bis zum Schluss mit ihrem Votum warten. Keine leichte Aufgabe für Wahlkämpfer, denn beide Gruppen muss man erreichen.
Für die Bundesebene kann man das Ergebnis wie folgt zusammenfassen:
– Der Norden und der Osten der Republik sind rot. Mit Ausnahme von Bayern, Baden-Württemberg, Sachsen und Rheinland-Pfalz ist die SPD die stärkste Partei. In Bayern verlor die CSU sensationelle 9,5 Prozentpunkte gegenüber 2002. In Bayern wird nach Prügelknaben gesucht titelt Die Welt online.
– Die SPD ist bei Arbeitern (37%), Angestellten (36%), Menschen in Ausbildung (40%) und auch Arbeitslosen (31%) stärkste Partei. Die Union punktet in erster Linie bei Selbständigen und Rentnern.
– Die SPD ist bei allen Altersgruppen bis 60 Jahre die stärkste Partei. Besonders bei den Jungwählern bis 24 Jahren liegt die SPD mit einem Stimmenanteil von 38% deutlich vor der Union, die in dieser Altersgruppe lediglich auf 26% kommt.
Auf kommunaler Ebene gibt es klare Verhältnisse:
– Anton Schaaf liegt mit 52,6% der Erststimmen fast 20%-Punkte vor dem CDU-Kandidaten, der auf 32,8% kommt. Andreas Schmidt musste bis tief in die Wahlnacht hinein zittern, ob er überhaupt dem neuen Bundestag angehören würde. (Er wird, wie wir jetzt wissen.)
– Auch bei den Zweitstimmen liegt die SPD im Wahlkreis Mülheim-Essen I mit 47, 6% etwas mehr als 20%-Punkte vor der CDU, die lediglich 27,5% erreicht und damit unter der 30%-Grenze eingemauert bleibt.
– Bis auf zwei gewinnt die SPD alle 26 Mülheimer Kommunalwahlbezirke, 13 davon mit einem Ergebnis über 50%. Das beste Ergebnis der SPD wurde im Kommunalwahlbezirk 12 Dümpten-Süd mit 64,12% erzielt. Selbst die eher bürgerlich-konservativen Wahlkreise im Süden der Stadt gehen an die SPD.
Die SPD liegt 13,3% über dem erreichten Wert im Bund (34,3%). Sieht man das in einer langen statistischen Reihe, ist das ein überaus guter Wert, der auf eine überdurchschnittliche Mobilisierung des eigenen Wählerpotenzials im ganzen Wahlkreis schließen lässt.
Erfreulich, dass die Plakatierungskünstler von der linksextremen MLPD im Stimmennichts landeten. Die abgedrehten ewiggestrigen Marxisten-Leninisten hatten zwar mit Abstand die meisten Plakate, sind aber mit einem Ergebnis von unter einem Prozent da gelandet, wo sie hingehören: im Aus.
Zusammenfassend kann gesagt werden: Anton Schaaf und die SPD gewinnen haushoch. Der SPD-Mann liegt mit 5% vor dem Ergebnis seiner Partei. Er ist als Marke etabliert. Anton Schaaf steht nach nur drei Jahren Amtszeit für klare Sprache, klare programmatische Kante, für ein eindeutiges Profil.