Voting-Mania

Keine Internetseite heute ohne Abstimmung. Gehen Sie auf eine beliebige Seite einer Tageszeitung, eines Magazins, eines TV-Senders. Voted man überall, ist man locker 20 Minuten beschäftigt. Einige scheinen Hürden aufgebaut zu haben. Bei der Süddeutschen kann man nur abstimmen, wenn man irgendwelche Kürzel in ein Feld eingibt. Vorher. Warum, erschließt sich nicht.

Klar, bei eher konservativen Blättern liegt Angie vorn, bei „linken“ Blättern der Bundeskanzler. Wen wundert´s? Repräsentativ sind alle Abstimmungen nicht. Bei einigen kann man so oft abstimmen, wie man will. Da sitzen dann Angie- oder Gerd-Fans vor dem Rechner und voten, bis die Maus qualmt.

Den Vogel schießt der Focus ab. Das Blatt, das von sich sagt, es komme schneller auf den Punkt, nimmt dieses Credo wörtlich. Geht man auf die Votingseite, ist der Voting-Punkt schon im Kreis bei Angela Merkel!? Für Merkel kommt das Blatt halt ganz von selbst auf den Punkt.

Alle Votings sind Käse. Jeder weiß das. Sie spiegeln nichts, außer vielleicht der Ausdauer der jeweiligen Fans. Alle seriösen Umfragen hatten den Kanzler deutlich vor Merkel. Gleichwohl werden alle Medien nicht müde zu behaupten, Merkel sei besser gewesen, als erwartet worden war.

Liebe Leute, habt ihr, die ihr so krauses Zeug schreibt, euch mal klargemacht, was das im Umkehrschluss heißt? Das bedeutet doch, dass alle Angela Merkel grottenschlecht einschätzten. Jetzt war sie ein Stück besser als grottenschlecht, was für einige „die“ Überraschung zu sein scheint. Doch das war kein Pokalspiel á la Bayern München gegen Union Mülheim. Da wäre man fast immer auf der Seite des David. Frau Merkel will ins Kanzleramt, nicht als 1. Oberpförtnerin, nein, sie will auf den Chefsessel. Sollte man da nicht genauso gut sein wie der, der da jetzt sitzt? Nun war die ehrgeizige Elevin aber schlechter, wie alle Umfragen zeigen (nicht die Votings, die Umfragen).

Warum um alles in der Welt, will man eine Frau, die nach Aussage fast aller Kommentatoren nicht so schlecht war wie erwartet, aber eben doch deutlich schlechter als der Amtsinhaber, auf den Chefsessel setzen? Wie würde man einen Trainer charakterisieren, der bei einem engen Spiel seinen besten Spieler rausnimmt, um ihn durch einen schlechteren zu ersetzen? Als ziemlich dämlich? Genau.