

120 waren gekommen. Die Temperatur im Saal des Bürgergartens war schon zu Beginn des Fernsehduells auf Saunaniveau. Kühlende Getränke halfen innerlich. Auf Großbildwand standen sich Bundeskanzler Gerhard Schröder und seine Herausforderin gegenüber. Vier Journalist/-innen standen zu Verfügung. Zwei zuviel, bemerkte einer und bekam recht. Rote Sweat- und T-shirts überwiegen im Saal, schließlich ist Wahlkampf, da zeigt man Farbe und Flagge.
Merkel redet von Rente. Die weiß nicht, wovon sie spricht, ruft es dazwischen. Als ich malocht habe, hat die doch noch das Blauhemd der FDJ getragen. Großer Applaus: Sie machen ein ganzen Volk zum Versuchskaninchen einer Vision, hatte soeben Schröder zu Kirchhofs Radikalsteuerreform gesagt. Das findet Zustimmung. Einhelling ist die auch bei der Ablehnung der Kopfpauschale.
Ein Kamerateam von Reuters TV ist im Saal. Die Kamera läuft, fängt Stimmungen, Stimmen und Gesichter ein. Kaum einer nimmt die Kamera überhaupt wahr. Man ist bei der Sache, voll konzentriert. Einer greift zum Glas, es ist leer. Er hat vergessen, sich ein neues Pils zu bestellen. Kommt auch selten vor, murmelt er.
Es folgt die Nachberichterstattung. Da sind einige doch ziemlich verwundert. Haben die eine andere Sendung gesehen? Merkel war besser als erwartet. Aber deshalb hat sie doch nicht gewonnen.
Natürlich nicht. Das ist kein sportlicher Wettkampf, bei dem der Außenseiter, der sich wacker schlägt, als Gewinner gehandelt werden kann. Angela Merkel will Kanzlerin der Republik werden. Da sollte sie doch mindestens genauso gut wie der Amtierende sein oder? Schröder hat gewonnen. Das melden alle Forschungsinstitute nach kurzer Zeit. Sollte nicht der Beste Kanzler werden? Das Gelbe Trikot bei der Tour de France bekommt am Ende doch auch nicht der Zweite.