Union will Kopfpauschale

Verglichen mit dem 1995 zahlen die Schweizer heute rund eine Milliarde mehr aus eigener Tasche. Wie funktioniert das Schweizer Modell?

Die Krankenkasse muss jeder selbst bezahlen und die Höhe der Prämie ist nicht vom Lohn abhängig, sondern wird von der betreffenden Krankenkasse je nach Region festgelegt. Sie unterliegt der Genehmigung durch das Bundesamt für Gesundheit BAG. Personen mit niedrigem Einkommen bekommen einen staatlichen Zuschuss zu den Prämien. So plant es die Union auch in Deutschland.

Die umfassende Grundversicherung ist seit 1997 für alle Einwohner obligatorisch. Die Monatsprämie 2005 für Erwachsene ab 26 Jahren beträgt im Schnitt 290 Fr. (Extreme: Kanton Appenzell-Innerrhoden 193 Fr., Kanton Genf 411 Fr.).
Dazu gibt es freiwillige Zusatzversicherungen, bei denen die Versicherer die Prämien je nach individuellem Risiko des Versicherten abstufen können. Von den gesamten Kosten des Gesundheitswesens werden rund 2/3 direkt oder indirekt durch die Privathaushalte und 17% durch die öffentliche Hand getragen.

Zusätzlich zahlt jeder erwachsene Patient die ersten 300 Franken an Arzt- und Krankenhausrechnungen pro Jahr selbst. Diese so genannte Franchise kann man freiwillig auf bis zu 1500 Franken (2500 Franken ab 2005) pro Jahr erhöhen, und bekommt dafür eine gewisse Prämienermässigung. Dazu kommen 10% jeder ambulanten Behandlung (maximal 700 Franken pro Jahr), die der Patient ebenfalls selber zahlen muss (Selbstbehalt).

In der Schweiz ist der Anteil der nicht durch Versicherungen bezahlten Ausgaben hoch: gemäss OECD-Zahlen betragen die "Out-of-pocket-Zahlungen" pro Einwohner 1’085$ (kaufkraftbereinigt). Das entspricht 31,5% der Gesamtausgaben. So hoch ist die Selbstzahlerbelastung in keinem anderen OECD-Land, nicht einmal in den USA (737$).

11,2% des Bruttoinlandsprodukts werden in der Schweiz für Gesundheit aufgewendet, in Deutschland sind es mit 10,9% ungefähr gleich viel. Klar ist: Die gesetzliche Krankenversicherung in der Schweiz deckt lediglich eine Grundversorgung. Wer mehr und bessere medizinische Leistungen haben möchte, muss eine private Zusatzversicherung abschließen. Zahnmedizinische Behandlungen werden von der sozialen Versicherung gar nicht getragen. In kaum einem entwickelten Land des Westens, außer den USA, ist die Zweiklassenmedizin ausgeprägter als in der Schweiz.

Rechnet man einmal die Ausgaben eines Ehepaares pro Jahr zusammen, ergeben sich gewaltige Beträge: 2 x Grundprämie pro Kopf á 290 SF = 6.960 SF. Gehen wir einmal davon aus, dass die oben erwähnten Zusatzprämien für Arzt- und Krankenhausrechnungen sowie die 10% jeder ambulanten Behandlung nur zur Hälfte erreicht werden, ergibt sich für unser Musterehepaar eine Jahresgesamtbelastung von 7.960 SF. Das macht bei einem Jahresverdienst von 55.000 SF eine prozentuale Belastung von 14,5%. Damit liegt die Belastung über der in Deutschland und sie wird überdies zu 83% von den privaten Haushalten getragen. Wohlgemerkt: Sollte unser Ehepaar Zahnschmerzen haben, wird´s noch teurer.

Das Kopfprämienmodell drückt so sehr auf die Geldbeutel der Schweizer, dass der Unmut über das System groß ist. Die Stimmen, es abzuschaffen werden immer lauter.

Ein Modell nach Schweizer Vorbild wollen CDU und CSU in Deutschland einführen. Es wird so kommen wie in der Schweiz. Die Prämien werden weit über den angepeilten 109 € pro Kopf pro Monat liegen müssen. Es sei denn, man schmilzt die Leistungen der gesetzlichen Versicherungen ein. Dann wird man zahlreiche Leistungen nur über private Zusatzversicherungen bekommen. Der Weg in die unsoziale Zweiklassenmedizin ist dann geebnet.