
Jeder Marsmensch würde nach einem Blick auf die fundamentalen Wirtschaftsdaten eher in Deutschland als in Amerika investieren. Der Satz steht auch bei Kiessler, ist aber nicht von ihm, sondern eine Einschätzung der erzkonservativen britischen Wirtschaftszeitung Economist.
Die Zeichen stünden auf Aufschwung wie schon lange nicht mehr, so der WAZ-Chefredakteur. Und er verweist auf Indikatoren wie z.B. die im Vergleich überaus niedrigen Lohnstückkosten, die Lohnzurückhaltung der letzten Jahre, die niedrigen und damit investitionsfreundlichen Zinsen. Auch die Tatsache, dass der Euro auf den internationalen Devisenmärkten gegen den Dollar an Stärke einbüßte, ist ein positiver Trend. Der Euro war überbewertet. Das machte deutsche Exporte teuer. Die Freude über einen starken Euro ist eher eine sportive, mit ökonomischer Vernunft hatte sie nie was zu tun.
Das Land ist wettbewerbsfähiger geworden, urteilt Kiessler. Es biete mit Erfolg der internationalen Konkurrenz bei Preisen und Kosten Paroli. In der Tat sind die deutschen Exporte in den zurückliegenden 7 Jahren um 49% gestiegen. Bei der Realsteuerbelastung rangiert Deutschland im OECD-Vergleich im untersten Bereich. Nicht umsonst boomt die Börse.
Nicht das alles in Butter wäre, doch die Richtung stimmt, der Weg ist richtig, die Maßnahmen, sprich Gesetze der rot-grünen Regierung, waren richtig, zeigen Wirkung. Und wieso ist die Stimmung so miserabel? Hier zitiert Kiessler sehr treffend den Schriftsteller Hans-Magnus Enzensberger: Dieses Land hat eine ganz große Begabung für schlechte Laune.
Und die wird geschürt. Die sogenannte Neue Linke, eine verkappte PDS ML, macht das unisono mit CDU/CSU/FDP. Schlechte Stimmung verbreiten ist Wahlkampfinstrument Nr. 1. Rüttgers hatte damit in NRW Erfolg, zum Schaden des Landes und der Republik. Welcher ausländische Investor zögerte nicht, seine Millionen nach Deutschland zu lenken, wenn wir selbst die Lage in düsteren Farben malen? Katastrophismus als Grundmelodie hat verheerende Folgen, für Deutschlands Image in der Welt und auf die Stimmungslage der Menschen im Lande.
Richard Kiessler hat in der Tat einen Kommentar geschrieben (WAZ, Samstag, 30. Juli 2005), der scheinbar völlig gegen den Strich geht. Er ist optimistisch ohne Euphorie. Er ist realistisch ohne den Blick für die Chancen und das Erreichte zu verstellen. Hoffentlich lesen viele diesen Kommentar. Es lohnt sich.